Der Gesteinsgarten von Gommern

Geologische Erläuterung zum Kulk und zu seiner Umgebung

(Jürgen Knüpfer)

Zum Kulk, einem ehemaligen Steinbruch in Gommern, wurde um die Jahrhundertwende Quarzit als Baumaterial, vorwiegend für den Straßenbau (Pflastersteine, Schotter etc.) aber auch für die Errichtung von Gebäuden und Industrieanlagen gewonnen.

Geologisch gehört dieses Gestein, der sog. Gommern-Quarzit, zu den älteren paläozoischen Schichtenfolgen, die durch die varistische Orogenese (Gebirgsbildung vor ca. 320 Mill. Jahren) weitgehend verfestigt wurden.

Infolge dieser varistischen Gebirgsbildung entstand eine konsolidierte Erdkruste im mitteldeutschen Raum, die dann im Mesozoikum (Erdmittelalter: vor ca. 248 bis 65 Mill. Jahren), beginnend in der Trias und mit Höhepunkt in der Kreide (vor ca. 144 bis 65 Mill. Jahren), in einzelne herzynisch streichende Schollen (Thüringer Wald; Harz; Flechtingen-Roßlauer Scholle etc.) zerbrach. Diese Schollen wurden besonders an ihren NO – Seiten bis zu 3000 m Sprunghöhe emporgehoben (z. B. Harznordrand, Haldenslebener Abbruch).

Nochmalige Hebungsbewegungen im Känozoikum (Erdneuzeit) bedingten die markante Heraushebung des heutigen Harzes und der jetzt unmittelbar unter jüngsten Sedimenten liegenden Flechtinger Scholle, die als Gebirge nicht so in Erscheinung tritt wie der Harz. Ihre Heraushebung ermöglichte aber den Steinbruchbetrieb in der Umgebung von Gommern.

Der Gommern-Quarzit ist eine mehr als 430 m mächtige Wechsellagerung von Quarzitbänken und Tonsteinlagen im Verhältnis 5 : 2, eine ursprüngliche Sand-Ton-Wechselfolge, die typische Sedimentmarken und Strukturen von Turbiditen (Schlammströmen) aufweist und als Flysch (Sedimente, die während der Gebirgsbildung im Meer entstehen) eingestuft wird. Tektonisch ist der Gommern-Quarzit in weitspannige Falten gelegt (Antiklinalen und Synklinalen) und weist eine recht intensive Klüftung auf.

Ähnlich ausgebildete und altersgleiche Gesteine finden sich im Harz (Acker-Bruchberg-Quarzit), im Kellerwald (Kellerwald-Quarzit), im Wollenberg und in der Hörre (Hörre-Quarzit), die zum 300 km langen und nur wenige Kilometer breiten Hörre-Gommern-Zug verbunden werden können.

Altersmäßig wird der Gommern-Quarzit in das Unterkarbon (Dinant II) eingestuft (ca. 350 Mill. Jahre).

Geologische Übersichtskarte des Hörre-Gommern-Zuges mit Angabe der Mächtigkeit der Quarzitfolgen (Quelle: WÄCHTER, K.
Geologische Exkursionen in der Umgebung von Magdeburg
Kreisheimatmuseum Wanzleben, Ummendorf 1965)

Vereinfachte Strukturkarte der Flechtingen-Roßlauer Scholle und ihrer benachbarten geologischen Einheiten nach R.MEINHOLD u.a. (Quelle: PAECH, H.-J.
Zur Geologie des Gommern-Quarzits östlich Magdeburg
Z. f. geol. Wissenschaften 1 H.7, S.815-830, Berlin 1973)

Über die Härtlinge des Gommern-Quarzits sind in jüngster geologischer Vergangenheit die Gletscher der älteren Inlandvereisungen während der Eiszeit (Pleistozän) von Norden vorgedrungen und haben ihre Spuren hinterlassen. Von den Quarzitoberflächen in den alten Steinbrüchen wurden Gletscherschrammen beschrieben, und im Magdeburger Museum befindet sich ein aus einem Gommerner Steinbruch umgelagerter Gletschertopf, entstanden durch Strudelwirkung des Schmelzwassers. Nach dem Rückzug der Gletscher lagerten sich pleistozäne Dünensande auf den Härtlingen des Gommern-Quarzits ab (z.B. Fuchsberg).

Der Steinbruchbetrieb im Kulk (Besitzer war Louis Schröder, Gommern) begann Ende vorigen Jahrhunderts und wurde 1915 eingestellt. Gründe der Einstellung sind vermutlich Unrentabilität durch steigende Wasserhaltungskosten der abzupumpenden Sickerwässer und Gefährdung der Häuser in der Dornburger Straße bei Sprengungen. Die Wasserhaltung des Steinbruchloches erfolgte über Rohrleitungen zur Ehle mit Einlauf im Bereich der Kleinen Wiesenstraße und später im Bereich unterhalb des Volkshauses.